/dev: Championbalance-Rahmenbedingungen
Gespräche um die Spielbalance können schwierig sein. Wir haben im Verlauf der letzten 9 (!) Jahre festgestellt, dass die Spieler nicht immer nachvollziehen können, was wir während eines Patch-Zyklus erreichen wollen (oder können). Das wollen wir jedoch ändern.
Daher möchte ich die Championbalance-Rahmenbedingungen vorstellen, bei denen es sich um eine Anlaufstelle für die Spieler handelt, nämlich das „Balance“-Team für die Herangehensweise an Verbesserungen/Abschwächungen für Champions zur Verantwortung ziehen zu können. Wir haben unsere Sichtweise auf die Championbalance für die Kluft der Beschwörer intern verändert. Jetzt, da wir einige Zeit hatten, diese Veränderungen in Aktion zu sehen, möchten wir diese neue Herangehensweise formalisieren, damit die Spieler unsere Entscheidungen auch dann besser nachvollziehen können, wenn sie ihnen nicht gefallen.
Dadurch können wir den Spielern vermitteln, wie wir die Stärke eines Champions bewerten und entscheiden, ob es für einen Patch Kandidaten zur Verbesserung oder Abschwächung gibt. Unser Ziel ist es, durch diese Herangehensweise dafür zu sorgen, dass die Spieler unsere Handlungen besser nachvollziehen können.
Championbalance in der Vergangenheit
Die Hauptverbesserung, die wir durch unsere neue transparente Balancestrategie erzielen möchten, besteht darin, dass die Spieler das Gefühl bekommen, dass die Herangehensweise an die Balanceentscheidungen beständig ist. Wir glauben, dass eine beständigere Herangehensweise einfacher nachzuvollziehen ist und einzelne Balanceprobleme für die Spieler nicht so frustrierend sind wie eine unbeständige Herangehensweise.
Um das zu erreichen, wollen wir ein System einführen, dass die Subjektivität bei der Bewertung der Stärke eines Champions (und nicht der Gründe für seine Stärke) minimiert. Dadurch sollten weniger zu starke oder zu schwache Champions unbemerkt bleiben und die Balanceänderungen nicht mehr so stark auf Vorurteilen beruhen.
Eine neue Herangehensweise
In der Vergangenheit haben wir uns grob an die Richtlinie „Wir balancieren das Spiel für Spieler der Platin-Klasse und höher aus“ orientiert. Dennoch haben wir auch gezeigt, dass wir Balanceentscheidungen auch unter anderen Gesichtspunkten und aus anderen Gründen vornehmen. Daher haben wir für uns jetzt formell vier Spielerklassen definiert, für die wir die Balance in der Kluft der Beschwörer anpassen, und Parameter festgelegt, anhand derer wir entscheiden, ob ein Champion zu stark, zu schwach oder gut ausbalanciert ist. Das sind die Spielerklassen:
Spieler mit durchschnittlichem Können
Diese Gruppe enthält die meisten Spieler – alle unter den besten 10 % der Solo-Warteschlange (in etwa bis zur Gold-Klasse). Obwohl manche Leute jetzt wahrscheinlich argumentieren, dass sich die Balance eines Spiels an den besten Spielern orientieren sollte, sind wir der Meinung, dass eine ausbalancierte Erfahrung unabhängig vom Können einen wichtigen Bestandteil des Reizes von League ausmacht. Wir glauben jedoch auch, dass diese Gruppe nicht so stark von perfekten Balancebedingungen profitiert, weshalb wir uns hier mehr Spielraum lassen.
Hier gibt die Siegesrate ausreichend Aufschluss über die Stärke eines Champions und zusammen mit der Bannrate können wir uns einen guten Überblick darüber verschaffen, was für diese Spieler zu stark ist. Je häufiger ein Champion über die weltweit durchschnittliche Bannrate hinaus gebannt wird (die aktuell bei ungefähr 7 % liegt), desto stärker berücksichtigen wir die Bannrate im Hinblick auf die Stärke des Champions in der jeweiligen Klasse und desto enger verknüpfen wir sie mit der Siegesrate.
- Oberes Ende: Siegesrate von 54,5 %, wenn die durchschnittliche Bannrate mal 5 eine Siegesrate von weniger als 52,5 % ergibt
- Unteres Ende: Siegesrate von 49 %
Spieler mit überdurchschnittlichem Können
Diese Gruppe besteht aus den besten 10 % der Spieler der Solo-Warteschlange exklusive der allerbesten Spieler (die in die nächste Gruppe fallen). Diese Gruppe ähnelt der Gruppe aus Spielern mit durchschnittlichem Können, reagiert jedoch sensibler auf die Kraftverhältnisse. Daher greifen wir in dieser Gruppe auf engere Parameter zurück, um festzustellen, wann ein Champion zu stark ist.
- Oberes Ende: Siegesrate von 54 %, wenn die durchschnittliche Bannrate mal 5 eine Siegesrate von weniger als 52 % ergibt
- Unteres Ende: Siegesrate von 49 %
Elite-Spieler
Diese Gruppe besteht aus den besten 0,1 % der Spieler in der Solo-Warteschlange. Diese Gruppe reagiert am stärksten auf Änderungen an der Spielbalance und hat auch einzigartige Bedürfnisse. Im Gegensatz zu den anderen Gruppen der Solo-Warteschlange haben wir für diese Gruppe nur selten genug Daten über die Siegesraten, um an ihnen ablesen zu können, ob ein Champion zu stark ist. Es würde jedoch keine Rolle spielen, wenn wir ausreichend Daten zur Verfügung hätten. Diese Spieler beherrschen das Spiel so gut, dass ihre Championauswahl ein verlässlicher Indikator für die Stärke der Champions ist. Daher bewerten wir die Stärke der Champions in dieser Gruppe anhand der Auswahl- und Bannraten – wobei wir die Auswahlraten bei keiner anderen Gruppe der Solo-Warteschlange berücksichtigen. Mit der Präsenz haben wir für diese Klasse sogar ein eigenes Konzept eingeführt, dass für die Kombination aus Auswahl- und Bannrate steht.
- Oberes Ende: Bannrate von 45 %
- Unteres Ende: Präsenz von 5 %
Professionelle Spieler
Diese Gruppe besteht aus den fünf besten E-Sport-Ligen (aktuell sind das LPL, LCK, LEC, LCS und LMS). Ähnlich wie bei den Elite-Spielern bewerten wir die Champion-Stärke für diese Gruppe eher anhand der Championauswahl als an den Ergebnissen der Spiele. Man kann natürlich argumentieren, dass Champions, die während eines bestimmten Patches nicht ausgewählt werden, nicht zu schwach für diese Spielergruppe sind, sondern einfach nicht in das aktuelle Metaspiel passen. Wir betrachten diese Champions aber als zu schwach für das aktuelle Metaspiel und versuchen, ihre Stärke innerhalb des Metaspiels anzupassen.
- Oberes Ende: Präsenz von 90 % während des aktuellen Patches ODER Präsenz von 80 % in darauffolgenden Patches
- Unteres Ende: Präsenz von 5 %
Ab jetzt gilt für uns ein Champion dann als ausbalanciert, wenn er für all diese Spielergruppen ausbalanciert ist. Außerdem gilt ein Champion als zu stark, wenn er das obere Ende EINER dieser Gruppen überschreitet, und als zu schwach, wenn er das untere Ende ALLER Gruppen unterschreitet.
Umgelegt auf unsere Arbeit bedeutet das, dass wir uns zuerst um die Champions kümmern, die zu stark sind, dann mit jenen weitermachen, die in allen Gruppen zu schwach sind, und uns schließlich darauf konzentrieren, die Champions für mehrere Gruppen auszubalancieren (falls die Champions beispielsweise nur für eine oder zwei Gruppen gut ausbalanciert sind).
Wie aus Daten Änderungen werden
Sobald wir einen Champion identifiziert haben, dessen Balance nicht stimmt, beginnt die Suche nach möglichen Anpassungen. Dafür gibt es jedoch keinen bestimmten Rahmen. Stattdessen setzen wir weiterhin auf unser Verständnis von den Bedürfnissen der Spieler sowie auf unsere Erfahrungen, gute Änderungen zu entwickeln. Wir hoffen, dass uns das oben beschriebene System dabei hilft, schneller zu bestimmen, welche Champions überarbeitet werden müssen, und so mehr Zeit gibt, die Hintergründe der Balanceprobleme zu beleuchten und angemessen darauf zu reagieren. Vereinfacht gesagt, soll uns der Rahmen dabei helfen, schneller zur Übereinstimmung zu kommen, dass ein Champion wie Hecarim (als aktuelles Beispiel) zu stark ist, damit wir uns an die Arbeit machen können.
ABER WAS IST MIT …
… neuen und überarbeiteten Champions?
Neue und aktualisierte Champions werden einen Monat lang nach ihrer Veröffentlichung nicht anhand dieser Parameter bewertet. Die Spieler lernen immer noch den Umgang mit diesen Champions – sowohl jene, die mit den Champions spielen, als auch jene, die gegen sie spielen – und wir können davon ausgehen, dass die tatsächliche Stärke dieser Champions stark von ihren statistischen Leistungen rund um ihre Veröffentlichung abweichen wird.
Im letzten Jahr ist es uns nicht besonders gut gelungen, neue und aktualisierte Champions auszubalancieren, weshalb wir neben unserer normalen Strategie neue Systeme eingeführt haben, um das in Zukunft besser zu machen.
Diese Systeme drehen sich um Dinge wie … die erwartete Stärke eines Champions bei dessen Veröffentlichung, den erwarteten Leistungsanstieg im Verlauf der ersten paar Tage/Wochen und die Pläne für den Fall, dass die Leistung die Erwartungen nicht erfüllt. Dadurch wollen wir sicherstellen, dass neue oder überarbeitete Champions nach ihrer Veröffentlichung in Zukunft nicht mehr zu lange zu schwach oder zu stark sind.
… Champions mit hohen Spielraten?
Wir achten besonders darauf, Champions nicht für ihre Beliebtheit zu bestrafen, da einige Champions trotz ähnlicher Stärke häufiger gespielt werden als andere – Yasuo und Lee Sin sind zwei Beispiele für Champions, die unabhängig von ihrer Gesamtleistung immer relativ häufig gespielt werden. Wir haben darüber nachgedacht, unseren Rahmen um eine „Veränderung der Spielrate“ zu erweitern, sind aber zu dem Schluss gekommen, dass die Spielrate allein nicht genug über die Stärke eines Champions aussagt. Die einzige Ausnahme hierbei ist die Klasse der besten Spieler, für die wir die Spielrate sehr wohl als Indikator für die Champion-Stärke heranziehen.
… Champions mit steilen Meisterschaftskurven?
Die Meisterschaftskurve zeigt an, wie viel effektiver ein Spieler mit einem Champion wird, wenn er diesen häufiger spielt. Champions mit steilen Meisterschaftskuren wie Aurelion Sol und Katarina haben in der Regel eine wesentlich höhere Siegesrate, wenn sie von erfahrenen Spielern gespielt werden.
Wir berücksichtigen die Meisterschaftskurve bei der Entscheidung über Stärkungen und Abschwächungen absichtlich nicht, weil wir die Spieler nicht für ihr Investment in einen Champion bestrafen wollen. Außerdem glauben wir, dass Champions mit steiler Meisterschaftskurve, die wirklich zu stark sind, in professionellen Spielen häufig ausgewählt oder in normalen Spielen auf höchstem Niveau häufig gebannt werden – was in beiden Fällen Abschwächungen nach sich ziehen würde.
… wirklich frustrierenden Champions?
Es gibt viele Gründe, die dazu führen können, dass sich Champions frustrierend anfühlen – angefangen bei der aktuellen Champion-Stärke bis hin zur Beweglichkeit. Dieser Rahmen soll uns zusammen mit Dingen wie Umfragen und Spielergesprächen dabei helfen, die Ursachen dieses Frustrationspotenzials zu finden. Klare und objektive Anhaltspunkte für die Balance helfen uns dabei, besser einzuschätzen, wann es nicht mehr um Spielbalance, sondern um frustrierendes Gameplay geht. Diese beiden Dinge lassen sich jedoch nicht immer so einfach voneinander abgrenzen: Die Erhöhung der Abklingzeit von Rivens E, die wir mit Patch 9.10 veröffentlicht haben, ist ein Beispiel für eine Änderung, die sowohl die Champion-Stärke als auch den „Frustrationsfaktor“ verringern soll.
… regionalen Unterschieden?
Die Daten, auf die wir uns berufen, werden weltweit und nicht regional gesammelt. Es kommt natürlich immer wieder vor, dass sich die Leistung eines Champions von Region zu Region unterscheidet, wir sind aber der Meinung, dass globale Daten den Spielern dabei helfen, sich darauf zu konzentrieren, welches Problem durch eine Änderung behoben wird, anstatt darauf zu achten, welche Region mit welchem Champion besser zurechtkommt.
Wenn wir die Champions anhand der Erfahrungen einiger weniger Regionen ändern, die sich von den Erfahrungen der restlichen Welt stark unterscheiden können, dann laufen wir Gefahr, Änderungen vorzunehmen, die für Spieler in anderen Regionen keinen Sinn ergeben. Außerdem glauben wir auch, dass sich besondere Spielstile, die über einen längeren Zeitraum bestehen, auch in den globalen Daten widerspiegeln und so ebenfalls zu Kandidaten für mögliche Änderungen werden.
Hierbei geht es wirklich darum, den Spielern keine für sie willkürlich wirkenden Änderungen vorzusetzen. Unserer Meinung nach ist es einfacher, den Spielern Balanceänderungen zu erklären, die auf den Daten verschiedener Spieler aus verschiedenen Regionen (in jeder Region gibt es durchschnittliche, gute und herausragende Spieler) basieren, anstatt Abschwächungen, die nur auf eine bestimmte Region abzielen.
… wenn es keine Champions mehr gibt (oder nur sehr wenige), die weder gestärkt noch abgeschwächt werden müssen?
Dann haben wir League of Legends endlich perfekt ausbalanciert. Und wir können nach Hause gehen.
Nein, aber im Ernst, wenn wir einen stabilen Zustand erreicht haben, in dem die meisten Champions weder zu stark noch zu schwach sind, dann werden wir versuchen, die Champions zwischen den unterschiedlichen Spielerklassen besser auszubalancieren, oder darüber nachdenken, die Stärkegruppen neu zu evaluieren. Schließlich ist es durchaus möglich, dass diese Gruppen im Laufe der Zeit enger zusammenrücken. Außerdem gibt es ja noch Runen, Gegenstände, Positionen und mehr, das perfekt ausbalanciert werden muss.
… Gegenständen, Beschwörerzaubern und dem Dschungel?
Eine ausbalancierte League-Erfahrung wird von wesentlich mehr Faktoren als nur der Champion-Stärke beeinflusst. Die Champions sind jedoch auch der Teil des Spiels, durch den die Spieler das Spiel erleben und über den sie am meisten nachdenken.
Daher dienen viele andere Arbeiten auch als Ergänzung zu den Champions. So haben wir beispielsweise den Zeitpunkt geändert, zu dem der Kluftkrabbler erscheint, um den Dschungel weiteren Champions zugänglich zu machen. Außerdem haben wir Glühender Rauchschwenker abgeschwächt/verändert, damit die Spieler nicht mehr das Gefühl haben, unbedingt einen Verzauberer auswählen zu müssen. Wenn die Stärke von systembezogenen Inhalten so hoch wird, dass sie sich auf die Auswahl der Champions auswirkt, dann ist League einfach kein interessantes Spiel mehr.
… meinen Gedanken zum neuen System oder der Balance im Allgemeinen?
Lass sie uns bitte wissen! Wir glauben, dass unsere neue Herangehensweise zu einer besseren, beständigeren Spielbalance für die Spieler aller Klassen führen wird, wenn du aber einmal nicht nachvollziehen kannst, warum wir einen bestimmten Champion verstärken oder abschwächen, dann hören wir dir gerne zu. Wir gehen nicht davon aus, dass unser neues System dazu führen wird, dass die Erwartungen der Spieler mit unseren Stärkungen und Abschwächungen im Einklang stehen, wir hoffen aber sehr wohl, dass es uns in diese Richtung führt.
Wir werden noch im Kommentar-Bereich bleiben, um deine Fragen zu beantworten und uns deine Gedanken durchzulesen. Im Namen des gesamten „Kluft der Beschwörer“-Teams: Danke fürs Lesen!